Initiativen der Europäischen Union im Bereich Rüstungsexportpolitik

Für den Rüstungsbereich galten seit den Anfängen der Europäischen Union immer Sonderregelungen. Die Mitgliedsstaaten können bis heute wesentliche Sicherheitsinteressen geltend machen, um in diesem Wirtschaftssektor von den Vorgaben der Europäischen Union abzuweichen.

Maßgeblich hierfür ist der Artikel 346 des am 1.12.2009 in Kraft getretenen "Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union". Dieser Artikel ist weitgehend identisch mit Artikel 223 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Römische Verträge, 1957) und Artikel 296 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Maastricht/Amsterdam, 1992/1997):  

"(1) Die Vorschriften der Verträge stehen folgenden Bestimmungen nicht entgegen:

  1. a) Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seines Erachtens seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widerspricht;
  2. b) jeder Mitgliedstaat kann die Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen; diese Maßnahmen dürfen auf dem Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen.

(2) Der Rat kann die von ihm am 15. April 1958 festgelegte Liste der Waren, auf die Absatz 1 Buchstabe b Anwendung findet, einstimmig auf Vorschlag der Kommission ändern."

Die Rolle der Europäischen Union bei der Regulierung des Rüstungssektors und der Rüstungsexportpolitik ist in den letzten Jahrzehnten trotzdem größer geworden. 

1998 einigten sich die EU-Staaten auf einen rechtlich unverbindlichen gemeinsamen Kodex für Waffenausfuhren, der in erster Linie für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen sollte. Neben der Aufstellung von sieben Kriterien, die bei der Genehmigung von Rüstungsexporten berücksichtigt werden sollten, wurde auch die Erstellung eines Jahresberichtes beschlossen. Grundlage für die Definition der betroffen Rüstungsgüter war die 1958 in den Römischen Verträgen festgelegte Liste.

2008 wurde der Verhaltenskodex überarbeitet und als Gemeinsamer Standpunkt beschlossen. 

 

Im Jahr 2000 wurde mit der Verordnung über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (EG Nr. 1334/2000) erstmals eine EU-weite verbindliche Regelung zumindest für Teilbereiche der Rüstungsgüter getroffen. 2009 wurde die Verordnung grundlegend überarbeitet. 2014 wurde in einer weiteren Verordnung die EU Kommission befugt, die Liste der Dual-Use-Güter eigenständig zu ändern und die Bestimmungsziele aus den Geltungsbereichen der allgemeinen Ausfuhrgenehmigungen herauszunehmen.

 

Weitere Initiativen der Europäischen Union mit Bezug zur Regulierung des europäischen Rüstungsmarktes und Durchführung von Rüstungsexporten: 

Beschluss des Rates zur Unterstützung der Maßnahmen der EU zur Förderung der Waffenausfuhrkontrolle und der Anwendung der Grundsätze und Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes 2008/944/GASP für Waffenausfuhren in Drittländern (Ratsbeschluss 2009/1012/GASP)

Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Vereidigung und Sicherheit (Richtlinie 2009/81/EG)

Richtlinie zur Vereinfachung der Bedingungen für die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern (Richtlinie 2009/43/EG)

Verordnung betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (Verordnung (EG) Nr. 1236/2005)